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Sprachtod und Sprachgeburt

 

Jetzt als Buch erschienen! Siehe Münchner Forschungen zur historischen Sprachwissenschaft, Bd. 2

Wintersemester 2002/03, Donnerstags 17.15 - 18.30, Hörsaal 129, Universitätshauptgebäude, Geschwister-Scholl-Platz 1

  • 24.10. Prof. Dr. Peter Schrijver (Institut für Vergleichende und Indogermanische Sprachwissenschaft sowie Albanologie) Der Tod des Festlandkeltischen und die Geburt von Französisch, Niederländisch und Hochdeutsch
  • 31.10. Prof. Theo Vennemann (Institut für Deutsche Philologie): Zur Entstehung der germanischen Sprachen
  • 7.11. Prof. Dr. Thomas Krefeld (Institut für Romanische Philologie): Die Geburt der romanischen Sprachen (im Geiste der Philologie)
  • 14.11. Prof. Dr. Wilfried Stroh (Institut für Klassische Philologie): Ein unsterbliches Gespenst: Latein
  • 21.11. Prof. Dr. Walther Sallaberger (Institut für Assyriologie und Hethitologie): Ein Sprachtod im Morgenlicht der Geschichte. Das Ende des Sumerischen zu Beginn des zweiten Jahrtausends v. Chr.
  • 28.11. Prof. Dr. Elena Skribnik (Institut für Finnougristik): Sprachtod und Sprachgeburt in Sibirien
  • 5.12. Prof. Dr. Robert Zydenbos (Institut für Indologie und Iranistik): Sanskrit: Ewige Sprache der Götter, wiedergeboren und noch immer da
  • 12.12. Prof. Dr. Ulrich Schweier (Institut für Slavische Philologie): Die Geburt einer Sakral- und Literatursprache: das Altkirchenslavische
  • 9.1. Prof. Dr. Hans Sauer (Institut für Englische Philologie): Das Englische und die Entstehung von Pidgin- und Kreolsprachen
  • 16.1. Prof. Dr. Konrad Ehlich (Institut für Deutsch als Fremdsprache/Transnationale Germanistik): Sprachtod und Sprachtötung. Deutsch und andere Sprachen in der globalisierten Welt
  • 23.1. Prof. Dr. Wolfgang Schulze (Institut für Allgemeine und Typologische Sprachwissenschaft) Das Alte im Neuen: Sprachliche 'Überlebensstrategien' im Ostkaukasus

 

Während der 4500 Jahre Sprachgeschichte, die uns durch schriftliche Überlieferung heute zugänglich sind, waren Sprachtod und Sprachgeburt alltägliche Erscheinungen. Zwischen der ältesten bekannten ausgestorbenen Sprache, dem Sumerischen, und den vielen vom Aussterben bedrohten Sprachen der heutigen Welt liegen zahllose weitere Fälle von Sprachuntergang, Sprachersatz und Sprachüberschichtung. Das Thema ist heutzutage stark politisiert und mit Emotionen behaftet: Die Killersprache Englisch fordert Opfer, auch im vielsprachigen Europa, unter denen sich möglicherweise eines Tages auch das Deutsche einreihen wird. Anders das Kaukasusgebiet, das seine sprichwörtliche Vielsprachigkeit über Jahrtausende bewahrt hat. Und wie schafften es Latein und Sanskrit, der Regel zu trotzen, dass jede Sprache sich über die Jahrhunderte entwickelt und ändert? Als Untote haben sie eine Nische gefunden, in der sie neben ihren Abkömmlingen bis zum heutigen Tag überleben.

Sprachtod und Sprachgeburt sind eng mit einander verbunden. Fast immer hinterlässt eine aussterbende Sprache ihre Spuren in der Nachfolgersprache. Indem das Irische in Irland durch Englisch ersetzt wird, entstehen neue, irisch geprägte Varietäten des Englischen. Unter besonderen Bedingungen kann auch das Englische selbst zur Grundlage völlig neuer Sprachen werden, die man als Kreolsprachen bezeichnet. Auch Deutsch und die anderen germanischen Sprachen sind von mittlerweile verschwundenen Sprachen geprägt: ihr Entstehen ist somit durch Sprachkontakt mitbestimmt. Schöne Beispiele für den Zusammenhang zwischen Sprachtod und Sprachgeburt sind im Osten zu finden: Sibirien gilt als Musterbeispiel für ein Gebiet, in dem Sprachen einander rasch und großflächig abgelöst haben, nicht ohne einander gegenseitig zu beeinflussen.

So wie Sprachkontakt zu einer natürlichen Sprachgeburt führen kann, gibt es auch sprachliche Retortenbabys: die Standard- oder Literatursprachen, wo der Natur durch bewusstes menschliches Eingreifen nachgeholfen wurde. Im Romanischen und Slawischen ist die Art und Weise der Entstehung solcher Sprachvarietäten verhältnismäßig gut bekannt.

Mit dieser Vortragsreihe stellt sich das Zentrum historische Sprachwissenschaften einer breiteren Öffentlichkeit vor. Das Zentrum will die enge Verbindung zwischen Sprache und menschlicher Geschichte beleuchten und die Einheit innerhalb der reichen Vielfalt der historischen Sprachwissenschaften an der Universität München einem größeren Publikum näherbringen.