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Habilitationsprojekt 'Repräsentationen volkskundlicher Kulturen in japanischen Museen' (Arbeitstitel)

Mentorat

Prof. Dr. Klaus Vollmer

Prof. Dr. Evelyn Schulz

Prof. Dr. Irene Götz

Abstract

Volkskundliche Museen, also Museen, in deren Sammlungen und Ausstellungen die Alltagskultur unterer und mittlerer sozialer Schichten im Mittelpunkt steht, sind in ganz Japan verbreitet. Die Nihon Minzoku Gakkai, die Fachvereinigung der japanischen Volkskunde, unterhält eine Liste mit ca. 100 Einrichtungen, die in diese Kategorie gehören oder zumindest über entsprechende Sammlungen und Ausstellungen verfügen. Sieben davon sind große, überregionale Einrichtungen in staatlicher, der Rest regionale Einrichtungen in privater oder öffentlicher Trägerschaft. Sie vereinigen eine Reihe von kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Funktionen auf sich:

Zunächst sind sie natürlich Orte, an denen anhand des Alltagslebens breiter Volksschichten Vorstellungen japanischer Kultur geprägt und transportiert werden. Zwar dienen gerade die großen, überregionalen Museen auch der Repräsentation japanischer Kultur nach außen, gleichzeitig stellen ihre Gestalter auch nach innen dar, was aus ihrer Sicht als traditionell und vorbildhaft zu gelten hat. Insbesondere bei kleineren regionalen Einrichtungen spielt auch die Herausbildung einer lokalen Identität und die Behauptung gegenüber den kulturellen Zentren eine Rolle, die auch während der seit dem Ende der 1980er Jahre andauernden Wirtschaftskrise noch einmal an Gewicht gewonnen haben dürfte. Diese nämlich löste auch einen Trend zu Nostalgie und ländlicher Heimatverbundenheit aus, der mit dem Wort „furusato-Boom“ durchaus treffend zusammengefasst ist. Dass dadurch stärker als früher lokale Identitäten als Gegenmodelle zu einem monolithisch gedachten „Japanertum“ entworfen werden, macht sich auch in der Museumsarbeit bemerkbar.

Auch haben diese regionalen Einrichtung oft eine wirtschaftliche Bedeutung. In Zeiten von Landflucht und Überalterung sind sie oft eingebunden in regionale Aufbau- und Entwicklungspläne. Eine besondere Rolle dürfte ihnen auch in Katastrophengebieten in Nordost-Japan zukommen, wo sich Erinnerung und Wiederaufbau als Ziele anbieten.

Für die japanische Volkskunde stellen diese Museen unabhängig von ihrer Größe und Ausrichtung ein wichtiges wissenschaftliches Betätigungsfeld, aber auch einen ihrer größten Arbeitgeber dar. Hier präsentiert sie der Öffentlichkeit ihre Forschung und hier findet auch ein großer Teil der Kämpfe um die Deutungshoheit in Fragen japanischer Kultur statt, die sie seit ihrer Gründung Anfang des 20. Jahrhunderts ausficht.

Wichtigstes Ziel des Habilitationsprojekts ist die Erforschung der Prozesse der Repräsentationen von Kultur in volkskundlichen Museen in Japan, in deren Zentrum Umgang mit materiellen Objekten im Rahmen von Ausstellungen steht.